Der Grenzübergang – Höllentrip und Spaßfahrt

Hier kommt jetzt unsere spannende Geschichte von der Fahrt von Ili nach Almaty. Am Donnerstag Mittag sind wir ja in Ili angekommen, von wo wir uns für den gleichen Tag noch Fahrkarten nach Almaty kaufen wollten. Dafür müssten wir aber erstmal zu einem anderen Busbahnhof, wo es – ganz anders als im restlichen Xinjiang – keine einzige Polizeikontrolle gibt. Der Bus sollte erst am nächsten Tag um fünf Uhr frühs fahren. Die Fahrkarten gab es nicht an einem offiziellen Verkaufsschalter, wie sonst überall, sondern wurden an einem kleinen Klapptisch direkt vor dem Bus verkauft. Die Verständigung wurde hier auch immer schwieriger, weil nur ein Bruchteil der Leute hier Chinesisch sprechen. Die meisten sprechen nur Uighurisch. 

Nun gut, die Fahrkarten haben wir gekauft, uns wurde noch mehrere Male nachdrücklich gesagt, wir sollten pünktlich um fünf Uhr frühs da sein und dann sind wir auf zum Hostel. Tagsüber haben wir uns noch den Ili-Fluss angeschaut, mal wieder eine braune Brühe, an der die Chinesen wieder eine pompöse Flusspromenade aufbauen. Die Hauptattraktion waren wir, vor allem nachdem Jana und Leo beide im Wasser gelandet sind.

Die Rückfahrt haben wir auf einem bequemen mit Teppichen ausgelegten Motorrad-Transporter angetreten, das beste an ganz Ili, weil der durch die ganzen wunderschönen kleinen Straßen gefahren ist und am Basar angehalten hat.

Unser Versuch zeitig ins Bett zu gehen ist mal wieder gescheitert und so haben wir, als dann um halb vier der Wecker geklingelt hat, nur drei Stunden geschlafen. Zu allem Übel hat es auch noch geregnet. Wir sind mit dem Taxi zu dem Busbahnhof gefahren und waren sogar mehr als pünktlich schon um 4:45 Uhr da – allerdings vor verschlossenen Toren. Es war stockdunkel, hat geregnet und die Kinder waren hundemüde. Iuliia hat dann mehrere Male den Organisator der Busfahrt angerufen, der war aber völlig verschlafen und hat gar nichts gecheckt. Er hat uns dann die Nummer vom Fahrer gegeben, der ist erst gar nicht and Handy. Der Bus sollte um 5:30 Uhr abfahren, aber auch als 5:30 Uhr durch war, haben sich die Tore nicht geöffnet. Michi und Iuliia haben sich durchs Tor gequetscht und den Busbahnhof mehrere Male abgesucht, bis sie schließlich nach einiger Zeit einen Wächter ausfindig gemacht haben, der uns eröffnet hat, dass mit 5:00 Uhr höchstwahrscheinlich nicht die in ganz China gültige öffentliche Peking-Zeit gemeint sei, sondern die inoffizielle Xinjiang-Zeit, die zwei Stunden später ist. Der Taxifahrer war glücklicherweise sehr nett und hat uns bis hierhin im Taxi warten lassen. Der Wächter hat uns dann in einen kleinen Warteraum gebracht, wo wir schließlich noch die eineinhalb Stunden auf harten Plastisitzen verbracht haben. 

   

 

Der Bus ist dann tatsächlich auch nach Xinjiang-Zeit abgefahren, kurz nach Sonnenaufgang. Wir hatten auch einen Schlafbus, rechts und links jeweils eine Reihe Stockbetten, in der Mitte Teppiche ausgelegt, auf denen man gemütlich während der Fahrt fläzen kann.

Der spannendste Teil kam an der Grenze. Da diese erst um 9:00 Uhr aufmachen sollte, haben die ganzen Busse erst mal auf einem Parkplatz gewartet. Der Busfahrer meinte zu Iuliia, die uns mit ihrem Russisch und fließendem Chinesisch sehr hilfreich ist, dass der Bus erst in einer Stunde weiterfahren würde. Also sind sie, Michi und Jana los Geld und Essen und Trinken zu holen. Ich habe mit Leo im Bus gewartet, weil Leo geschlafen hat. Da habe ich dann den letzten Bericht geschrieben.

 Auf einmal sind alle anderen wieder eingestiegen und der Busfahrer ist losgefahren, ohne dass die anderen drei wieder da waren. Ich habe dem Busfahrer sofort gesagt, er müsse noch warten, die anderen seien noch nicht da, er könne doch nicht einfach ohne sie weiterfahren. Der meinte aber nur, er könne nicht länger warten, die anderen sollten mit dem Taxi zur Grenze fahren, es wäre nicht weit, nur 5 Yuan. Ich habe schnell mit Michis Handy, das er bei mir gelassen hatte, Iuliia angerufen und ihr Bescheid gesagt. Kein Problem meinte sie. Was ich allerdings nicht wusste war, dass Michi und Iuliia sich getrennt hatten. Iuliia ist in die Stadt Geld holen und Michi hatte mit Jana Essen und Trinken gekauft. Michi hatte also keine Ahnung, was los war und kam zurück zum Parkplatz und da war kein Bus, keine Selma und kein Leo mehr. Er kann kein Chinesisch, hatte kein Handy und nur noch 25 Yuan. Jana ist ganz panisch geworden, hat furchtbar geweint. Sie hat ja sonst schon immer so Angst, dass einer nicht rechtzeitig ein- oder aussteigen kann und zurückbleibt und jetzt waren ihre Ängste Wirklichkeit geworden. Michi hat meinen Namen über den ganzen Parkplatz gebrüllt, hat versucht die Polizisten zu fragen: „Almaty, Kasachstan?“ Die haben immer nur in eine Richtung gewinkt und“Taxi, Taxi“ gesagt. Michi hatte aber nur 25 Yuan gehabt und keine Ahnung, wie weit er unserem Bus hinterher fahren musste. Alle haben aber gewunken und gemeint schnell schnell, also ist er mit Jana ins Taxi gestiegen und war nach kurzer Zeit an der Grenze. In der Zwischenzeit waren wir auch an der Grenze angekommen, alle mussten aussteigen und ihr Handgepäck mitnehmen. Da stand ich dann mit einem schlafenden Leo im Arm, während der Busfahrer auf mich eingeredet hat: Schnell schnell, aussteigen, alle Taschen mitnehmen. Völlig ratlos, wie ich allein vier Taschen und den schlafenden Leo auf einmal tragen sollte, kamen Michi und Jana völlig aufgelöst an. Fünf Sekunden später kam auch Iuliia. Alles war wieder gut, aber Michi meinte das war der schlimmste Tag in seinem Leben. In der ganzen Hektik habe ich dann auch noch Michis iPhone verloren. Wir waren mit den Nerven völlig am Ende. 

Auf chinesischer Seite der Grenze würden wir dann erst mal angeschnauzt, dass unser VISA nur bis zum 17. Mai gültig ist, es aber schon der 18. wäre. Wir mussten den Grenzbeamten erst aufklären, dass erst der 15. war. Dann kamen sie nicht mit unseren Passnummern klar (ist das eine Null oder ein O?) und dann machte ihnen scheinbar noch mein Geburtsname zu schaffen. Schließlich haben wir dann aber doch den Ausreisestempel bekommen und durften China verlassen. Nach langem Warten musste aber noch, bevor der Bus auf die kasachische Seite fahren durfte, jeder Passagier im Bus nochmal kontrolliert werden. Dafür müssten wir uns in einer Schlange vor dem Bus anstellen. Nacheinander sollten wir kontrolliert werden und anschließend einsteigen. Iuliia, Jana und Leo standen vor mir, Michi hinter mir. Da in der Zwischenzeit aber noch Fahrgäste an der Grenze zugestiegen sind, war der Bus nach Meinung des Grenzbeamten überfüllt. Iuliia, ich und die Kinder dürften noch mitfahren, Michi und alle anderen dahinter sollten sich einen anderen Bus für die Weiterfahrt suchen. Wir haben nur noch gedacht, die spinnen doch jetzt alles. Nach ewigem Hin-und-Her-Gestreite, das Stunden gedauert hat, durften wir dann doch alle mitfahren. An der kasachischen Seite mussten wir dann auch noch mal ewig warten, bis unser Bus dran war. Als wir dann aber dran waren, ging alles sehr schnell. Die Kasachen waren viel freundlicher, haben uns als Familie vor allen anderen durchgewunken (in China interessiert das niemanden, da werden auch die kleinen Kinder weggedrängelt). Achja, Michis iPhone ist auch wieder im Bus aufgetaucht. Insgesamt hat der Grenzübergang über acht Stunden gedauert. 

   

 

Die Fahrt war dafür sehr lustig. Es gab andere Kinder zum Spielen und Michi hat sich prächtig mit den Uighuren verstanden. In Almaty sind wir erst um 12 Uhr nachts angekommen. Ein völlig überteuertes Taxi hat uns dann zu unserem lieben Couchsurfing-Host Nikolai gefahren. Bis wir dann ins Bett sind, war es auch wieder zwei Uhr -kasachische Zeit, also waren wir ganze 24 Stunden auf den Beinen und am Ende dieses unglaublich anstrengenden Tages einfach nur froh, beisammen zu sein und nicht getrennt, jeweils mit einem Kind, der eine in Kasachstan, der andere in China.

Ein Gedanke zu „Der Grenzübergang – Höllentrip und Spaßfahrt“

  1. Puuuh, das hört sich echt aufregend an. Wenn einer eine Reise tut……. Die Inder sagen ja: At the end everything is good. And if it’s not good, it’s not the end. Passt auf euch auf!

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