Kunming und Dali

Zunächst eine beruhigende Nachricht: Wir befinden uns zwar aktuell am Ostrand des Himalayas, haben von dem schlimmen Erdbeben aber nichts mitbekommen. Wir verfolgen auch hier die Nachrichten und sind sehr schockiert, kennen wir doch beide auch viele der zerstörten Orte. Umso glücklicher können wir uns schätzen, dass es uns allen gut geht. Und wir hoffen natürlich euch allen daheim auch!

Die letzten Tage waren bei uns mal wieder sehr aufregend. Nachdem wir in Kunming angekommen waren – nach 21 Stunden Zugfahrt – haben wir uns erst mal schleunigst um eine VISA-Verlängerung bemüht. Uns wären nur noch zwei Wochen geblieben, bis wir am 7. Mai hätten ausreisen müssen. Da wir uns aber immer noch ganz im Südwesten Chinas befinden, wäre das in einen ganz schönen Stress ausgeartet, da man allein an Fahrtzeit schon etwa eine Woche einplanen muss. Und ein bisschen was vom Norden Chinas wollen wir schon auch mitnehmen!

  

Was das VISA angeht, hatten wir mal wieder echtes Glück. Wir haben ja, da wir unseren „Familienangehörigen“ Andi (Bruder von Jörg) besuchen, ein S2 Visa bekommen, mit dem zwar machen kann, was man will, das man aber leider nicht verlängern kann – es sei denn, man hat einen drifteten Grund, wie der Tod eines Angehörigen, eine Verletzung – Haha, zum Glück hat Leo sein blaues Auge! Ich habe Ihnen gleich eine Geschichte aufgetischt, dass wir ins Krankenhaus mussten und nicht weiterreisen könnten usw. Haben sie uns prompt abgekauft und wir haben zehn Tage draufbekommen. Glück gehabt! Achja, für den Visa-Antrag bräuchten wir auch noch Passfotos. Hier ein Bilderrätsel für euch: Wer hat ein Fotografentrauma? Wer sieht aus, als wäre er auf der Flucht? Wer sieht aus, als hätte er eins auf’s Auge bekommen? Welches Passfoto hat für den Antrag nicht gepasst? (Auflösung im nächsten Bericht)

 

  

Die zweite Nacht in Kunming haben wir dann bei einer Privatlehrerin namens Heather übers Couchsurfen verbracht. Das war auch eine Erfahrung für sich. Heather ist 22 Jahre jung und hat eine Wohnung mit fünf Zimmern. Eins ist ihres, eines (quasi der Eingangsraum, von dem alle Zimmer Weg gehen) ist Klassenzimmer, noch ein Klassen- bzw. Spielzimmer, ein Zimmer mit drei Stockbetten für Couchsurfer und ein Zimmer für ihre Schwester (auch mit Stockbetten), die als Putzfrau und Köchin der Privatschule dient. Vormittags gehen die Kinder in die normale Schule. Um drei, nach dem für die gesamte Bevölkerung obligatorischen Mittagsschlaf, kommen die Kinder dann zu Heather, wo sie Hausaufgaben machen, Nachhilfe bekommen und spielen dürfen. Die Kinder essen dort auch zu Abend und werden dann um 21 Uhr von ihren Eltern erst wieder abgeholt. Samstags kommen die Kinder schon ab frühs und haben Englischunterricht. 

  

Jana war natürlich total begeistert von den „großen Schulkindern“. Die größte hat sie sich gleich als Freundin auserkoren. Leos Liebling war Nana. Wir sind dann auch mit den Kindern zusammen auf den Spielplatz gegangen, alle waren ganz verblüfft, wie stark Jana ist, weil sie schon Hangeln kann, im Gegensatz zu den meisten anderen. 

Die Nacht erwies sich als ziemliche Herausforderung für unsere Knochen, bestanden die Betten doch aus einfachen Holzplanken mit dünnen Auflagen drauf. Die Kinder hat es nicht gestört, Michi und mir hat jede Bewegung wehgetan…

 

Am nächsten Morgen wollte Heather unbedingt noch Sushi für uns machen, bevor wir nach Dali aufgebrochen sind. Also habe ich mal eben schnell ihren Englischunterricht übernommen und sie ist einkaufen gegangen. Da unser Bus aber schon so bald ging, hat‘ s nur noch für eine kleine Portion gereicht und Heather hat versprochen, dass sie nochmal Sushi macht, wenn wir wieder kommen. Trotz der harten Betten, eine sehr liebe und hilfsbereite Person! 

Mittags haben wir uns also auf eine vierstündige Busfahrt nach Dali begeben. Dali liegt am Westufer des Erhai, ein vierzig Kilometer langer See mit dem Namen Ohr-Meer, weil er die Form eines Ohres hat. Gleich hinter Dali, das schon auf fast 2000 Meter liegt, fangen die Cang-Berge an, die Ostausläufer des Himalayas, die auf über 4000 Meter hochgehen. Sehr tolle grüne Berge, über die ständig Wolken schwappen, die sich dann über dem See wieder auflösen. Die Stadt Dali war früher das Hippiezentrum in China und hat davon auch noch seinen Flair behalten. Hier leben hauptsächlich Bai, deren Frauen in wunderschönen Blautönen gekleidet sind, und Miao, die ganz bunt bestickte Kleidung und tollen Kopfschmuck tragen. Die Reiseführerinnen sind alle als solche verkleidet, aber unter den Marktfrauen sieht man auch „Echte“. Die Architektur hier ist auch sehr toll, jedes Haus reichlich verziert mit Gemälden und Kalligraphien. Die Leute hier haben auch gemerkt, dass es bei den Touristen besser ankommt, wenn sie neue Häuser im alten Stil bauen, und so entstehen hier lauter Prachtbauten. 

Die Gegend hier haben wir mit einem Elektroroller erkundet, was zwar wirklich Spaß macht, nach Stundenlangem Fahren zu viert auf so einem kleinen Gefährt tut der Hintern aber so saumäßig weh und in den Beinen kriegt man Krämpfe… Aber egal, Spaß gemacht hat es trotzdem und man kommt mal selbst ein bisschen rum und kann da abbiegen, wo man grade will. Leo hat es auch geschafft, auf dem Roller einzuschlafen! 

  

Heute sind wir nach einer steilen Bergauffahrt in einem „Ecological Valley“ gelandet. Dort gab es Teeplantagen, ein sehr schönes Hotel und nach einem kurzen Wanderweg sogar einen kleinen Wasserfall. Michi und die Kinder haben in dem kalten Bergbach sogar gebadet. Das war zwar nicht so ganz richtig wilde Natur – das ist in China echt schwer zu finden – aber immerhin ein Hauch davon.

Morgen ist unser letzter Tag in Dali, dann geht es mit dem Nachtzug wieder zurück nach Kunming, wo wir unsere Pässe mit dem neuen Visa wieder abholen müssen. Am 2. Mai geht’s dann weiter Richtung Norden nach Lanzhou, eine 40-Stunden-Zugfahrt. Dort treffen wir dann Iuliia aus der Ukraine, mit der ich damals in Ningbo studiert habe und die auch gerade in China ist. 

  

   

 

Ein Gedanke zu „Kunming und Dali“

  1. Sorry, die Auflösung des Bilderrätsels ist ja ganz klar:
    Leo – Blau-äugig
    Jana – Foto-traumatisiert
    Michi – Flüchtig
    Selma – Alle Maßstäbe sprengend
    Noch eine weitere aufregende Zeit in China, Angi

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