Guilin und Yangshuo

So, inzwischen sitzen wir wieder im Zug, es geht weiter nach Kunming in Yunnan. Und während Michi das alltägliche „Mutter-Vater-Kind“-Spiel mit den Kindern spielt, hab ich mal wieder Zeit ein bisschen von den letzten Tagen zu berichten.

In Guilin sind wir nur zwei Nächte geblieben. Den einen Tag dazwischen haben wir mit Bummeln und einem Ausflug in die Schilfrohrflöten-Höhle verbracht. Guilin und Yangshuo liegen in einer riesigen Karstlandschaft mit tollen Karstkegeln zwischen Reisfeldern mit Wasserbüffeln. Es gibt riesige Tropfsteinhöhlen hier, die touristisch schön kitschig aufbereitet sind und zwar mit Lichtern in allen nur erdenklichen Farben. Fotos davon liefern wir vielleicht noch nach, da sie noch nicht auf das iPad importiert wurden. In der größten Halle der Schilfrohrflötenhöhle war plötzlich ein lautes Brüllen zu hören und ein chinesischer Drache flog über unsere Köpfe hinweg. Die Kinder sind furchtbar erschrocken, waren kurz vor einem Panikanfall und wir mussten Ihnen erst mal erklären, dass das kein echter Drache war, sondern ein Film in 3D der an die Felsendecke projiziert wurde. Danach gab es dann noch eine 3D-Balletvorführung auf einem Bildschirm über einem (wahrscheinlich) künstlich angelegten unterirdischen See. Diese dramatischen und pathetischen Darstellungen werden dann aber immer schon eine Sekunde bevor sie zu Ende sind von der Höhlenführerin mit dem furchtbar motivationslos heruntergeleierten Text abgebrochen – Zack Zack weiter geht’s, bloß nicht zulange irgendwo verweilen. Und damit sich da auch jeder dran hält, werden nach jedem Höhlenabschnitt sicherheitshalber die Lichter ausgemacht. Das lustige, aber nach einiger Zeit furchtbar nervige an solchen touristischen Orten ist, dass unsere blonden Kinder meist die weit größere Attraktion sind und ständig fotografiert werden. Die meisten fotografieren einfach so, jeder Zehnte in etwa fragt wenigstens, ob er ein Foto machen darf. Wir haben Jana inzwischen „bu yao“ beigebracht – „ich will nicht“, weil sie schon total genervt ist. 

Eine lustige Anekdote aus Guilin gibt es noch: Wir haben wieder einen muslimischen Nudelimbiss ausfindig gemacht mit sehr netten Leuten. Als wir das zweite Mal dort essen waren, war auch eine Pakistani da. Der Koch und die Köchin waren total aufgeregt, weil sie nicht verstanden haben, was der Mann wollte. Ich musste übersetzen. Wie sich herausstellte, war der Pakistani selbst Moslem und wollte nur ein Gemüse-Gericht, kein Fleisch, aber nicht das Gemüse, das die Leute da hatten, sondern Blumenkohl. Also ist die Köchin los, konnte aber nur Broccoli auftreiben. Damit hat er sich dann zufrieden gegeben. Um das Gekoche zu überwachen hat er sich aber mit an den Herd gestellt und alles ganz genau kontrolliert, bis er schließlich selbst Pfanne und Rührer in der Hand hatte und sich sein Essen selbst gekocht hat. Zu uns sagte er, die Chinesen würden das Zeug immer nicht gescheit durchbraten.

Am nächsten Tag sind wir dann früh morgens mit dem Bus zu einem Pier gefahren und haben ein Boot auf dem Li-Fluss nach Yangshuo bestiegen. Die Tour haben wir in einem chinesischen Reisebüro gebucht. Da werden dann Hunderte, eher Tausende zumeist chinesische Touristen zum Pier kutschiert, wo dann mindestens zehn große Schiffe a 100 Personen warten. Wenn alle an Bord sind legen die Schiffe nacheinander ab und dann geht es im Gänsemarsch den Fluss hinunter. Mittagessen ist auch inklusive, allerdings handelt es sich dabei um das übelste Kantinenessen, das einem lieblos auf einem Blechteller serviert wird. Nicht mal die Chinesen selbst haben das angerührt, bis auf eine uralte Oma, die nicht ein Reiskorn übrig gelassen hat. 

Die Landschaft, durch die man da fährt, lohnt das Ganze aber: Tolle Karstkegeln in sämtlichen vorstellbaren Formen, Wasserbüffel, die durch das Wasser waten, das Ufer von zehn Meter hohem Bambus gesäumt, tolle Vögel fliegen herum.      

  

In Yangshuo angekommen, haben Michi und ich erst mal einen Schock bekommen. Wir waren ja vor sieben Jahren schon mal dort, da war Yangshuo zwar auch schon touristisch, aber sehr gemütlich und überschaubar. Jetzt ist Yangshuo gerammelt voll von hauptsächlich chinesischen Touristen und enorm viel Verkehr. So romantische Vorstellungen unsererseits wie, dass wir wieder in das Klettercafe, die Pizzeria oder das gemütliche kleine Straßenlokal von damals gehen, wurden alle enttäuscht, weil es all das nicht mehr gibt. 

Trotzdem war Yangshuo toll. Wir haben zum ersten Mal „Couchsurfen“ ausprobiert. Das läuft über eine Internetseite, auf der man sich registrieren kann und ein Bett oder Sofa zum Übernachten anbietet. Im Gegenzug kann man dann die Angebote von anderen annehmen, die ein Zimmer, Bett oder Sofa zum Übernachten haben. Ablehnen kann man natürlich immer. In Yangshuo sind wir bei einem Lehrerpärchen, Jake und Marina, mit zweijährigem Sohn, Larry, untergekommen. Die drei waren sehr nett! Wir haben ein eigenes Zimmer mit großem Bett bekommen, wurden am ersten Abend zum Hotpot-Essen eingeladen und Jake hat uns geholfen, Fahrräder auszuleihen. Überhaupt hat es erstmal eine ganze Weile gedauert bis wir Jakes Haus gefunden hatten. Bei der Suche war uns ein junges Paar behilflich, die uns dann mit dem Tuktuk zur richtigen Straße gefahren, die Fahrt bezahlt und uns erst wieder verlassen haben, als wir sicher bei Jake waren. Und das alles haben sie nur aus Hilfsbereitschaft gemacht. Sie selbst sind dann wieder in die Stadt gefahren, weil sie Abends noch nach Guilin zurück mussten. Sehr nett!  

   

     

Die Fahrräder waren der Hit. Wie ihr auf den Bildern sehen könnt, sehr geniale Konstruktionen. Den Kinder hat das Fahrradfahren auch sehr gut gefallen, kein ewiges Laufen mehr und wir könnten auch mal ein bisschen Strecke machen. Am ersten Tag sind wir nur in Yangshuo rumgefahren, haben versucht die Orte aus unseren Erinnerungen wiederzufinden, sind am Li-Fluss entlang spaziert und entlang gefahren, haben Eis gegessen, Kaffee und Bananenshake in einem Bouldercafe getrunken. Jana hat nach dem Mittagessen ihren obligatorischen Morgenkreis aufgebaut, was doch zu einiger Verwirrung bei den Leuten geführt hat. 

 

    

 

Leo hat einen neuen Schlafplatz entdeckt: Das Fahrrad. Da das aber nicht gut gehen könnte, haben wir uns ein Plätzchen gesucht, an dem wir dem regen Treiben der Hunderten Boote und Schiffe auf dem Fluss zuschauen konnten. 

Abends haben wir für unsere Gastgeber Pfannkuchen gemacht. Zum einwickeln gab es Karotten, Gurke, Tomaten, Spiegelei, gegrilltes Schweinefleisch, gegrillte Pilze, gegrillte Auberginen oder die süße Variante mit Obst. Den Dreien hat es sehr gut geschmeckt und Jana und Leo waren auch richtig glücklich über die Pfannkuchen – hat nur noch das Apfelmus gefehlt… Da fällt mir noch was zum Hotpot-Essen am Vortag ein: es gab ein „altes“ Huhn da drin, bei dem noch die ungelegten Eier dabei waren. Probiert haben wir sie aber nicht…

  

Am nächsten Tag haben wir einen Ausflug in die Assembly Dragon Cave gemacht. Auf dem Weg dorthin haben wir natürlich wieder ein paar „Abkürzungen“ nehmen müssen, zum einen weil wir nicht auf der großen Straße fahren wollten (kurz davor sind wir an einem Unfall vorbeigekommen, bei dem ein Fahrrad unter einem Lastwagen zermalmt war, vom Fahrradfahrer haben wir – zum Glück? – nichts gesehen) und zum anderen, weil es natürlich Spaß macht, auf der Suche nach Wasserbüffeln zwischen den Reisfeldern hindurchzutingeln. Geendet ist das mit von Matsch blockierten Reifen, die sich weder vorwärts noch rückwärts bewegen ließen, und einer Jana, der es, wahrscheinlich wegen der erwarteten, aber nicht gesehenen Wasserbüffel, zu unheimlich war. Also sind wir doch wieder den ganzen Matschweg zurück und wieder zur großen Straße. Was ein Dejavue – vor sieben Jahren hab ich das Fahrrad, das von oben bis unten voll Matsch war und auch keinen Zentimeter mehr gefahren ist, wüst fluchend hingeschmissen. Diesmal habe ich mich dann doch etwas zusammengerissen und einfach mit dem Michi Fahrrad getauscht, weil seines noch fuhr. Hähähä…

  

Auf dem Weg kamen wir auch wieder an dem berühmten Moon Hill vorbei, ein riesiger Bogen aus Kalkstein, wunderschön und vom Michi vor sieben Jahren sogar beklettert. Die Assembly Dragon Cave war auch wieder sehr beeindruckend, wenn auch die Chinesen die Beleuchtung hier schon echt übertrieben haben. Zuerst ging es mit Booten in die Höhle, dann auf Wegen durch gigantische Tropfsteinhallen, wieder eine Fahrt über einen unterirdischen See und weiter zu Fuß durch die Höhle. Insgesamt sehr beeindruckend. Leider gingen uns die Horden an chinesischen Touristen, die ständig die Kinder fotografieren und antatschen wollten total auf die Nerven. Die letzten Räume der Höhle waren dann nur noch ausgestattet mit Souvenierständen, durch die man nur in Schlangenlinien durchlaufen könnte, damit man ja an jedem Stand vorbeikommt. Der Abschuss war schließlich am Höhlenausgang, wo man eine Treppe hinunter kam, an deren Fuß eine riesige Wand mit Löchern stand. In diese Löcher könnte man Münzen schmeißen, was einem dann ein langes Leben, Reichtum und Glück beschert. Die Chinesen haben das mit so einem Enthusiasmus getan, dass wir nur noch den Kopf schütteln konnten. Ach ja, und in der Höhle gab es auch noch einen Stand, wo man Armbänder kaufen könnte, die dann einer lebenden Riesenschildkröte über den Panzer gerieben wurden. Je nachdem an welcher Stelle schenkt einem das dann auch wieder ein langes Leben, Gesundheit, Reichtum, Glück etc. Bevor man dann endgültig wieder auf dem Parkplatz war, musste man sich noch einen gefühlten Kilometer durch Verkaufsstände schlängeln.

Am letzten Tag haben wir nochmal eine kleine Fahrradtour durch die Dörfer in der Umgebung gemacht. Als wir dann in einem Restaurant was trinken wollten, ist Leo mit dem Stuhl umgefallen und mit dem Gesicht voll auf eine Steinkante aufgeschlagen. Für ein paar Schreckmomente dachten wir jetzt müssen wir mit dem verletzten Kind ins nächste Krankenhaus zurückradeln. Dank Öl und Arnika und Eis gab’s dann zum Glück aber „nur“ ein blaues Auge und eine Schürfwunde. Leo ging es auch recht schnell wieder gut, im Gegensatz zu mir und Michi. Uns wär schlecht, wir waren mit den Nerven am Ende und so haben wir den Ausflug abgebrochen und sind zurückgeradelt.

  

Anschließend haben wir die Fahrräder abgegeben, haben unser Gepäck geholt und sind mit dem Bus wieder zurück nach Guilin, von wo wir dann am nächsten Tag in diesen Zug gestiegen Sind.

Liebe Grüße an euch alle!!!

2 Gedanken zu „Guilin und Yangshuo“

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