Letzter Tag

Noch ein kurzes Hallo vor unserem Abflug. In weniger als acht Stunden geht’s los. Wir freuen uns riesig und sind schon ganz aufgeregt.

Den letzten Tag hier durften wir noch auf phänomenale Weise mit unserer Couchsurfer-Gastgeberin Asel und Ihrer Familie verbringen. Wir wurden zu zwei verschiedenen Verwandten in den Bergen eingeladen, wo es jedesmal ein großartiges Essen gab. Abends würden wir dann noch zur Hochzeit ihres kleinen Bruders eingeladen. Die eigentliche Hochzeitsfeier war gestern schon, aber heute wurde die Familie der Braut noch ins Haus des Bräutigams eingeladen und bewirtet. Wir waren zwar nur kurz dabei, da wir ja wieder zurück nach Bishkek mussten, trotzdem war es fantastisch so etwas miterleben zu dürfen. 

Jetzt schlafen die Kinder schon, wir essen noch was, packen die Rucksäcke nochmal und dann heißt es Kinder wecken, ab zum Flughafen und da dann noch weiterschlafen. Bis morgen!

Horse Trekking Extreme

  

Nach einer langen und wunderschönen Woche in den Bergen sind wir gerade wieder in Bishkek angekommen. Die Woche war – fast unbeschreiblich. Wir hatten so ziemlich jedes Wetter, das man sich vorstellen kann, zumindest aber einmal am Tag so schlimm Regen, dass unsere Schuhe, mühsam an jedem Vorabend am Feuer getrocknet, wieder durchnässt wurden. Trotzdem war es toll!

Wir sind, da es uns wieder gut ging, doch schon am Samstag gestartet. Da die Pferde jetzt aber für Sonntag bestellt waren, haben wir Essen für sechs Tage noch in unsere Rucksäcke gepackt – was echt ziemlich schwer war – und sind schon zu Fuß los. Wir sind in ein Tal gelaufen mit Wildbach am Talgrund, Wiesen daneben und Wäldern an den Hängen. An einem wunderschönen Platz haben wir unser Zelt aufgeschlagen, Feuerholz gesammelt und Michi hat mit den Kindern ein Wasserrad gebaut. 

  

Am nächsten Morgen kam dann unser Horseman Azad mit drei Pferden – sein eigenes, eins für unser Gepäck und eins für die Kinder zum Reiten. Die erste Etappe ging zu einer kleinen Ansiedlung von mehreren Guesthouses mit einem besonderen Highlight: heißen Quellen! Die könnten wir nach dem Marsch und Ritt durch Eisregen auch echt gut gebrauchen. Wir waren so durchgefroren und es hat in Strömen geregnet. Also haben wir uns die Handtücher geschnappt und sind in einen Schuppen, in dem ein Becken aus Beton eingelassen war und haben da im über 40 Grad warmen Wasser gebadet, mit Zwischeneinlagen im eiskalten Bergfluss zum Abkühlen. Den Kindern hat’s riesigen Spaß gemacht, wir waren alle wieder warm danach und haben furchtbar schlecht auf den den metallgefederten Matratzen geschlafen – aber immerhin war es trocken und uns wurde sogar ein kleiner Holzofen eingeschürt.

In den folgenden Tagen sind wir im Wechsel in Schnee, Regen und Hagelgeritten und gewandert. Zum Glück kam aber auch immer wieder die Sonne raus und hat uns gewärmt und getrocknet. Die Kinder haben das mal wieder besser weggesteckt als wir Erwachsenen. Azad, der selbst zwei kleine Kinder hat, war ganz begeistert von den beiden und hat sie immer gelobt. Wir waren wahrscheinlich die langsamste Gruppe, die er je geführt hat, dafür hat er uns am letzten Abend bei mehreren Flaschen Bier und Wodka am Feuer (wir hatten Minusgrade!) gestanden, dass wir zwar echt langsam waren, er aber mit uns am meisten Spaß hatte. Jana hat sich im Laufe der Woche zu einem richtigen Cowgirl entwickelt. Den ganzen Tag saß sie singend am liebsten auf dem schwarzen Pferd. Leo ist meistens lieber gelaufen. Wir glauben, weil er auf dem Pferd meistens in den Schlaf geschunkelt wurde. Jedenfalls ist er doch ein paar Mal beim Reiten eingeschlafen. 

  

Landschaftlich war es einfach der Wahnsinn! Unglaublich schöne Täler mit Schneebergen rechts und links, vor und hinter einem. Unbeschreiblich, auf Fotos leider nur beschränkt einzufangen. 

  

Jetzt sind wir wieder zurück in Bishkek. Morgen früh treffen wir uns noch mit Asel, der Couchsurferin hier, und fahren mit ihr zu ihrer Yurte. Abends geht’s dann zum Flughafen, wo wir schlafen werden und dann um fünf Uhr frühs Richtung Heimat starten. Wir freuen uns auf euch!

Kirgistan

So, eineinhalb Wochen vor unserer Heimkehr hat uns also doch noch erwischt und Michi und ich liegen von einem Magen-Darm-Virus geplagt flach. Kommen die ganzen Medikamente doch noch zum Einsatz! Wir sind gerade in Karakol östlich vom Issyk-Köl, umgeben von schneebedeckten Gipfeln, und wollten morgen eigentlich eine Sechs-Tages-Tour in die Berge machen. Die haben wir jetzt erstmal auf Sonntag verschoben.

Nun zum Anfang in Kirgistan: Angekommen sind wir mit dem Bus aus Almaty in Bishkek. Erstmal war alles ganz schön konfus. Wir hatten einen Kontakt von Couchsurfen, Asel, die uns bei ihr hätte unterbringen können, nicht aber Iuliia. Meine Tante Angi hat uns noch einen anderen Kontakt organisiert, Evi, eine Kollegin von der GIZ. Wir hatten dann mit beiden ausgemacht, dass wir uns in Bishkek treffen, allerdings hatten wir dort angekommen keine Möglichkeit sie zu kontaktieren. Ohne Geld (weil nirgends ein Geldautomat in der Nähe war) und ohne funktionierende SIM-Karte ist es doch plötzlich gar nicht mehr so leicht, sich zu organisieren. Aber wie es dann manchmal so kommt, hat sich alles wieder wunderbar gefügt: Iuliia könnte etwas Geld wechseln und wir könnten eine SIM-Karte kaufen, um Asel und Evi zu kontaktieren. Eine junge Englisch-Studentin hat uns geholfen und beraten. Evi wollte uns zum Essen in ein Restaurant einladen. Als ich dann eine andere Frau fragte, wie man dort hinkommen könnte, meinte sie nur: „Ich habe ein Auto. Ich kann euch fahren.“ Also hat uns diese unglaublich nette Frau durch die halbe Stadt bis zu dem Restaurant gefahren. Dort haben wir die unglaublich liebe Evi getroffen, die uns nicht nur zu einem leckeren georgischen Essen eingeladen hat, sondern trotz einem furchtbar anstrengendem Tag uns auch noch eine Pension um die Ecke organisiert und uns viele hilfreiche Tips gegeben hat. Ihr Sohn und seine Freundin sollten am nächsten Morgen auch in Bishkek ankommen. Vielleicht treffen wir sie hier noch am Issyk-Köl. Leo hat Evi vollends rumgekriegt, als es dann sogar noch ein Eis zum Nachtisch gab.

Asel kam auch noch ins Restaurant. Sie hat uns auch noch Kontakte in Karakol gegeben und uns an unserem letzten Wochenende in ihre Yurte eingeladen. Sie hat selbst zwei Kinder, 4 und 6 Jahre. Das wird bestimmt toll. 

Geschlafen haben wir dann in der Pension, die von einem lieben alten Ehepaar geführt wird. Sie haben uns bis ein Uhr nachts noch spannende Geschichten von ihren Reisen erzählt. Am nächsten Morgen gab es das beste Frühstück seit wir Deutschland verlassen haben: Frische Pfannkuchen mit Sanddornmarmelade (hiesige Spezialität), (richtiges!) Brot, Butter, Tee, Joghurt und Kekse im sonnenbeschienenen Innenhof. 

  

Nach dem ausgiebigen Frühstück sind wir zunächst zur Deutschen Botschaft, weil wir versuchen wollten ein VISA für Iuliia zu bekommen, dann hätte sie noch eine Woche Deutschland-Urlaub drangehängt. Da man aber überhaupt erstmal einen Termin braucht, um einen Visaantrage abzugeben, und der nächste erst Ende Juli frei ist, wird da leider nichts draus. Anschließend haben wir einen dieser lauten, lebendigen, riesigen orientalischen Basare besucht, um Iuliia noch mit einem Schlafsack auszustatten, da es hier nachts doch noch ganz schön kalt wird. Toll ist hier die Mischung von allem aus Asiatisch, Orientalisch und Russisch.

Nachmittags sind wir dann in einen Bus nach Karakol gestiegen. Nach sechs Stunden Busfahrt, die die Kinder ja inzwischen ohne weiteres mitmachen – wir haben erstmal alle geschlafen – sind wir hier in Karakol wieder in einer wunderschönen Pension untergekommen. Unterwegs hat es gestürmt und gewittert, was das Zeug hielt und auch heute hat es ziemlich viel geregnet. Während ich krank im Bett lag, sind Michi und Iuliia mit den Kindern losgezogen, um Regenhosen für die Kinder und eine Regenjacke für Iuliia zu kaufen. Michi und ich hatten in Deutschland noch überlegt, das Regnzeug ganz zu Hause zu lassen, sind wir doch in einer über das ganze Jahr gesehen sehr trockenen Region. Zum Glück haben wir uns dann aber doch dazu entschieden, zumindest die Regenjacken mitzunehmen, denn der Mai ist der regenreichste Monat im ganzen Jahr. Die Berge sind noch voller Schnee und es kann sogar sein, dass es auch in den Tälern noch schneit. 

  

Für unsere Trekking-Tour haben wir uns ein Packpferd, ein Pferd für die Kinder und einen Horseman engagiert. Wir Großen laufen. Eigentlich wollten wir sechs Tage wandern, jetzt bleiben wahrscheinlich nur fünf, weil wir uns morgen erst auskurieren müssen. Davon erzählen wir danach wieder. Während der Wanderung können wir wahrscheinlich aufgrund von fehlender Internetverbindung nicht schreiben. 

Für alle, die sich am Begrüßungskomittee beteiligen wollen: Wir landen am 01. Juni um 13:15 Uhr in München. Und wir freuen uns schon riesig euch alle wiederzusehen!!! Leo zählt schon die ganze Zeit auf, wen wir schon ganz lange nicht mehr gesehen haben und wer uns dann alles besuchen soll. Achja, Leo hat ein neues Lieblingsauto: Lada! Er will nur noch mit Lada-Taxis fahren. Bis bald!

  

Almaty – Regenschauer ohne Ende

In Almaty sind wir bei dem lieben Nikolai untergekommen, 21 Jahre, studiert Deutsch und Englisch und wohnt in einem kleinen Häuschen mit Garten. Plumpsklo und Tröpfeldusche befinden sich auch im Garten. Er hat einen Hund namens Bobo, den unsere Kinder aber fröhlich Popo genannt haben. Dazu gabs noch einen Schmusekater, der alles mit sich machen ließ. 

   

   

Wir durften in Nikolais Doppelbett schlafen, Iuliia auf dem Schlafsofa und er selbst hat in der 4 qm großen Küche auf der 1,5 m langen Küchenbank geschlafen. Auch nach mehrmaligem Auffordern, er solle doch bei Iuliia im Wohnzimmer auf dem Teppich schlafen, hat er auf seiner Küchenbank beharrt. 

Überhaupt war er sehr hilfsbereit und es war mal echt entspannend, dass wir uns mal nicht darum kümmern mussten, wo der nächste Bankautomat ist, wie mit dem Bus von A nach B kommen, usw. Nikolai hat uns am Morgen erst mal zu einem riesigen Supermarkt gebracht, wo wir nach sechs Wochen länger Abstinenz endlich wieder Brot kaufen konnten. Leo hat sich am meisten auf den Käse gefreut, Jana auf Sprudelwasser. Wir haben Grießbrei gekauft, Käse, fünf verschiedene Brotsorten, Frischkäse, Schokolade und noch viel mehr, sodass uns der Einkauf fast Hundert Euro gekostet hat. Wieder zurück bei Nikolai gab es einen Festschmaus: Richtige Nudeln mit einer Frischkäse-Brokoli-Lachs-Soße.

Nach dem Essen haben wir dann unsere Rucksäcke gepackt für eine Wanderung in die Berge, deren Schneebedeckte Gipfel direkt vor Almaty bis zu 4000 Meter in die Höhe ragen. Nikolai hat uns begleitet. Er hat Iuliia Schlafsack und Isomatte geliehen und sie durfte bei ihm im Zelt schlafen, da es in unserem Dreimannzelt sonst doch ganz schön eng geworden wäre. Er selbst hat sich nur eine kleine Frotteedecke mitgenommen, weil es sowieso so warm war. 

Man fährt mit dem Bus vom Zentrum Almatys bis direkt in die Berge, wo ein riesiges Eisstadion, das Medeo, steht. Von dort läuft man nur noch ein Stück Teerstraße und dann ist man gleich in den wilden Bergen mit Pferden und Yaks und Kühen. Auf dem Weg nach oben haben wir eine Gruppe Gehörlose getroffen. Michi konnte sich richtig gut mit Ihnen unterhalten. Wir haben natürlich von Lisa erzähltund Telefonnummern ausgetauscht. Nachdem wir noch ein Foto zusammen gemacht hatten, wollten wir weitergehen, die Gehörlosen sind umgekehrt. Es hat leicht angefangen zu regnen. Nikolai meinte noch, das ist nicht schlimm, die Wolken sind nicht schwarz. Da haben wir uns umgedreht und standen vor einer riesigen schwarzen Wolkenwand, die in einer unglaublichen Geschwindigkeit auf uns zugerollt kam. Sekunden später hat es geschüttet wie aus Kübeln. Nikolai meinte, das dauert bestimmt nicht lange, also sind wir weiter hoch. Zum Glück hatten wir den Zeltboden, mit dem haben Michi und ich unsere Rucksäcke bedeckt. Die Regenjacken waren aber auch bald durch, alle, inklusive Kinder waren nass bis auf die Unterhose und es wurde richtig kalt. Irgendwann hat sich das Tal dann endlich geweitet und es gab eine zumindest ansatzweise gerade Fläche, um unser Zelt aufzubauen. Nikolai und Iuliia haben leider nur einen schiefen Platz bekommen. (Iuliias Kommentar nach zwei Nächten wieder zurück bei Nikolai auf die Frage, wie sie im richtigen Bett geschlafen habe: „Finally not sliding down any more!“)

Als das Zelt schließlich stand, ist Leo vor Erschöpfung gleich eingeschlafen. Wir haben noch leckere Nudeln mit Konservenfleisch und Ketchup gekocht und sind dann alle schlafen gegangen. Nikolai war sehr froh über meinen tibetischen Mantel, den wir zum Glück mitgenommen hatten, sonst hätte er in seiner durchnässten Frotteedecke sehr gefroren.

Der Wetterbericht für den nächsten Tag sagte Regen bis Mittags Voraus, dann sollte es besser werden. Für die Kinder hatten wir zum Glück noch Leggins dabei. Die nassen Socken haben wir durch Plastiktüten ersetzt (gar nicht so schlecht!) und sind dann losgezogen um Brennholz zu sammeln. Die Kinder haben es natürlich geschafft, auch ihre Leggins zu durchnässen – war aber auch echt schwer bei dem Wetter trocken zu bleiben – und so habe ich den Rest des Tages mit den beiden im Zelt verbracht, während Michi bei stetem Regen versucht hat, die Kleidung über dem Feuer zu trocknen – eine echte Sisyphusarbeit-Arbeit! Wir haben auf jeden Fall beschlossen, noch eine Nacht zu bleiben, da wir sonst alles im Regen hätten zusammenpacken müssen, und haben einfach auf den nächsten Tag gehofft. Iuliia und Nikolai sind noch einmal zurück gelaufen, um unseren Proviant aufzustocken.

Spätabends hat man endlich durch die Wolken einen Stern gesehen. Als wir aber frühs aufgewacht sind und es schon wieder regnete, hätte ich am liebsten losgeheult. Nach einer weiteren Stunde Schlaf jedoch hat es die Sonne immerhin geschafft, mal kurz einen kleinen Strahl auf uns zu werfen. Die Gunst der Stunde haben wir genutzt und alles zusammengepackt. Die nasse Kleidung haben wir aufgehängt. Nach einem kleinen Spaziergang zum nächsten Schneefeld wollten wir uns auf den Rückweg machen. In dem Moment kam von der einen Seite eine Herde Kühe, von der anderen Seite eine Herde Yaks und wir durften Zeugen eines echten Kuhbullen versus Yakbullen – Kampfes werden. Zum Glück waren wir schon ein paar Meter weiter! 

Auf dem Rückweg hatten wir dann bestes Wetter, so dass wir sogar die Sonnencreme ausgepackt und die Kinder in einer eiskalten Quelle gebadet haben. Völlig verdreckt sind wir schließlich mit dem Bus und der Ubahn zurück zu Nikolais Haus gefahren, wo wir erstmal zwei Ladungen durch seine Waschmaschine gejagt haben. 

Am nächsten Tag wollten wir eigentlich schon weiter nach Bischkek fahren. Nikolai hat nur gar nicht verstanden, warum immer alle nach Kirgistan wollen und Kasachstan nur auf der Durchreise mitnehmen. Er wollte uns mit allen Mitteln überzeugen, noch zu bleiben. Da die Wäsche sowieso noch nicht trocken war und wir noch ein paar Sachen einkaufen wollten, sind wir also noch eine Nacht geblieben. Nach einem Besuch bei der Polizei, um abzuklären, ob wir eine Registration brauchen, und nach dem Einkauf hat es schon wieder angefangen zu stürmen. Nikolais Nachbarin hat zum Glück all unsere Sachen, die draußen hingen, in Sicherheit gebracht.

Abends haben wirklch einen ganz interessanten Spaziergang zu einem Wald mitten in Almaty gemacht. Da sind wir an einem uralten Bewässerungskanal mit Stadtbad, der zu Sowjetzeiten angelegt worden war, vorbei gekommen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion fehlte allerdings das Geld, diese Anlagen zu unterhalten. Vor fünf Jahren sollte das ganze wohl wieder reaktiviert werden, es wurden vier riesige Wasserrutschen mit separaten Becken gebaut, aber Nikolai meinte, das Geld dafür ist schon in irgendjemandes Tasche verschwunden, bevor das Ganze fertig war. Jetzt stehen da dieseriesigen Rutschen. Die Kinder waren furchtbar enttäuscht, weil das Rutschen auf diesen völlig verrosteten Dingern dadurch verhindert wurde, dass die Becken, in denen man landet, voll total verdrecktem und vermülltem Wasser waren.

   

Heute Vormittag hat Nikolai uns noch zum Bus gebracht. Er meinte noch, dass ihm jetzt furchtbar langweilig sein wird ohne uns. Im Sommer macht er aber einen Sprachkurs in Deutschland und dann kommt er uns auch besuchen. Die Fahrt nach Bishkek und der Grenzübergang waren diesmal glücklicherweise ganz entspannt und ohne großartige Vorkommnisse – abgesehen von der unglaublich schönen Landschaft mit Wiesenhügeln voller Mohnblumen vor schneebedeckten Gipfeln auf der einen Seite und endloser Steppe mit Schaf- und Pferdeherden auf der anderen Seite. Leo hat die Grenze verschlafen. Von Bishkek schreib ich dann im nächsten Bericht weiter.

  

Der Grenzübergang – Höllentrip und Spaßfahrt

Hier kommt jetzt unsere spannende Geschichte von der Fahrt von Ili nach Almaty. Am Donnerstag Mittag sind wir ja in Ili angekommen, von wo wir uns für den gleichen Tag noch Fahrkarten nach Almaty kaufen wollten. Dafür müssten wir aber erstmal zu einem anderen Busbahnhof, wo es – ganz anders als im restlichen Xinjiang – keine einzige Polizeikontrolle gibt. Der Bus sollte erst am nächsten Tag um fünf Uhr frühs fahren. Die Fahrkarten gab es nicht an einem offiziellen Verkaufsschalter, wie sonst überall, sondern wurden an einem kleinen Klapptisch direkt vor dem Bus verkauft. Die Verständigung wurde hier auch immer schwieriger, weil nur ein Bruchteil der Leute hier Chinesisch sprechen. Die meisten sprechen nur Uighurisch. 

Nun gut, die Fahrkarten haben wir gekauft, uns wurde noch mehrere Male nachdrücklich gesagt, wir sollten pünktlich um fünf Uhr frühs da sein und dann sind wir auf zum Hostel. Tagsüber haben wir uns noch den Ili-Fluss angeschaut, mal wieder eine braune Brühe, an der die Chinesen wieder eine pompöse Flusspromenade aufbauen. Die Hauptattraktion waren wir, vor allem nachdem Jana und Leo beide im Wasser gelandet sind.

Die Rückfahrt haben wir auf einem bequemen mit Teppichen ausgelegten Motorrad-Transporter angetreten, das beste an ganz Ili, weil der durch die ganzen wunderschönen kleinen Straßen gefahren ist und am Basar angehalten hat.

Unser Versuch zeitig ins Bett zu gehen ist mal wieder gescheitert und so haben wir, als dann um halb vier der Wecker geklingelt hat, nur drei Stunden geschlafen. Zu allem Übel hat es auch noch geregnet. Wir sind mit dem Taxi zu dem Busbahnhof gefahren und waren sogar mehr als pünktlich schon um 4:45 Uhr da – allerdings vor verschlossenen Toren. Es war stockdunkel, hat geregnet und die Kinder waren hundemüde. Iuliia hat dann mehrere Male den Organisator der Busfahrt angerufen, der war aber völlig verschlafen und hat gar nichts gecheckt. Er hat uns dann die Nummer vom Fahrer gegeben, der ist erst gar nicht and Handy. Der Bus sollte um 5:30 Uhr abfahren, aber auch als 5:30 Uhr durch war, haben sich die Tore nicht geöffnet. Michi und Iuliia haben sich durchs Tor gequetscht und den Busbahnhof mehrere Male abgesucht, bis sie schließlich nach einiger Zeit einen Wächter ausfindig gemacht haben, der uns eröffnet hat, dass mit 5:00 Uhr höchstwahrscheinlich nicht die in ganz China gültige öffentliche Peking-Zeit gemeint sei, sondern die inoffizielle Xinjiang-Zeit, die zwei Stunden später ist. Der Taxifahrer war glücklicherweise sehr nett und hat uns bis hierhin im Taxi warten lassen. Der Wächter hat uns dann in einen kleinen Warteraum gebracht, wo wir schließlich noch die eineinhalb Stunden auf harten Plastisitzen verbracht haben. 

   

 

Der Bus ist dann tatsächlich auch nach Xinjiang-Zeit abgefahren, kurz nach Sonnenaufgang. Wir hatten auch einen Schlafbus, rechts und links jeweils eine Reihe Stockbetten, in der Mitte Teppiche ausgelegt, auf denen man gemütlich während der Fahrt fläzen kann.

Der spannendste Teil kam an der Grenze. Da diese erst um 9:00 Uhr aufmachen sollte, haben die ganzen Busse erst mal auf einem Parkplatz gewartet. Der Busfahrer meinte zu Iuliia, die uns mit ihrem Russisch und fließendem Chinesisch sehr hilfreich ist, dass der Bus erst in einer Stunde weiterfahren würde. Also sind sie, Michi und Jana los Geld und Essen und Trinken zu holen. Ich habe mit Leo im Bus gewartet, weil Leo geschlafen hat. Da habe ich dann den letzten Bericht geschrieben.

 Auf einmal sind alle anderen wieder eingestiegen und der Busfahrer ist losgefahren, ohne dass die anderen drei wieder da waren. Ich habe dem Busfahrer sofort gesagt, er müsse noch warten, die anderen seien noch nicht da, er könne doch nicht einfach ohne sie weiterfahren. Der meinte aber nur, er könne nicht länger warten, die anderen sollten mit dem Taxi zur Grenze fahren, es wäre nicht weit, nur 5 Yuan. Ich habe schnell mit Michis Handy, das er bei mir gelassen hatte, Iuliia angerufen und ihr Bescheid gesagt. Kein Problem meinte sie. Was ich allerdings nicht wusste war, dass Michi und Iuliia sich getrennt hatten. Iuliia ist in die Stadt Geld holen und Michi hatte mit Jana Essen und Trinken gekauft. Michi hatte also keine Ahnung, was los war und kam zurück zum Parkplatz und da war kein Bus, keine Selma und kein Leo mehr. Er kann kein Chinesisch, hatte kein Handy und nur noch 25 Yuan. Jana ist ganz panisch geworden, hat furchtbar geweint. Sie hat ja sonst schon immer so Angst, dass einer nicht rechtzeitig ein- oder aussteigen kann und zurückbleibt und jetzt waren ihre Ängste Wirklichkeit geworden. Michi hat meinen Namen über den ganzen Parkplatz gebrüllt, hat versucht die Polizisten zu fragen: „Almaty, Kasachstan?“ Die haben immer nur in eine Richtung gewinkt und“Taxi, Taxi“ gesagt. Michi hatte aber nur 25 Yuan gehabt und keine Ahnung, wie weit er unserem Bus hinterher fahren musste. Alle haben aber gewunken und gemeint schnell schnell, also ist er mit Jana ins Taxi gestiegen und war nach kurzer Zeit an der Grenze. In der Zwischenzeit waren wir auch an der Grenze angekommen, alle mussten aussteigen und ihr Handgepäck mitnehmen. Da stand ich dann mit einem schlafenden Leo im Arm, während der Busfahrer auf mich eingeredet hat: Schnell schnell, aussteigen, alle Taschen mitnehmen. Völlig ratlos, wie ich allein vier Taschen und den schlafenden Leo auf einmal tragen sollte, kamen Michi und Jana völlig aufgelöst an. Fünf Sekunden später kam auch Iuliia. Alles war wieder gut, aber Michi meinte das war der schlimmste Tag in seinem Leben. In der ganzen Hektik habe ich dann auch noch Michis iPhone verloren. Wir waren mit den Nerven völlig am Ende. 

Auf chinesischer Seite der Grenze würden wir dann erst mal angeschnauzt, dass unser VISA nur bis zum 17. Mai gültig ist, es aber schon der 18. wäre. Wir mussten den Grenzbeamten erst aufklären, dass erst der 15. war. Dann kamen sie nicht mit unseren Passnummern klar (ist das eine Null oder ein O?) und dann machte ihnen scheinbar noch mein Geburtsname zu schaffen. Schließlich haben wir dann aber doch den Ausreisestempel bekommen und durften China verlassen. Nach langem Warten musste aber noch, bevor der Bus auf die kasachische Seite fahren durfte, jeder Passagier im Bus nochmal kontrolliert werden. Dafür müssten wir uns in einer Schlange vor dem Bus anstellen. Nacheinander sollten wir kontrolliert werden und anschließend einsteigen. Iuliia, Jana und Leo standen vor mir, Michi hinter mir. Da in der Zwischenzeit aber noch Fahrgäste an der Grenze zugestiegen sind, war der Bus nach Meinung des Grenzbeamten überfüllt. Iuliia, ich und die Kinder dürften noch mitfahren, Michi und alle anderen dahinter sollten sich einen anderen Bus für die Weiterfahrt suchen. Wir haben nur noch gedacht, die spinnen doch jetzt alles. Nach ewigem Hin-und-Her-Gestreite, das Stunden gedauert hat, durften wir dann doch alle mitfahren. An der kasachischen Seite mussten wir dann auch noch mal ewig warten, bis unser Bus dran war. Als wir dann aber dran waren, ging alles sehr schnell. Die Kasachen waren viel freundlicher, haben uns als Familie vor allen anderen durchgewunken (in China interessiert das niemanden, da werden auch die kleinen Kinder weggedrängelt). Achja, Michis iPhone ist auch wieder im Bus aufgetaucht. Insgesamt hat der Grenzübergang über acht Stunden gedauert. 

   

 

Die Fahrt war dafür sehr lustig. Es gab andere Kinder zum Spielen und Michi hat sich prächtig mit den Uighuren verstanden. In Almaty sind wir erst um 12 Uhr nachts angekommen. Ein völlig überteuertes Taxi hat uns dann zu unserem lieben Couchsurfing-Host Nikolai gefahren. Bis wir dann ins Bett sind, war es auch wieder zwei Uhr -kasachische Zeit, also waren wir ganze 24 Stunden auf den Beinen und am Ende dieses unglaublich anstrengenden Tages einfach nur froh, beisammen zu sein und nicht getrennt, jeweils mit einem Kind, der eine in Kasachstan, der andere in China.

Im Schnelldurchgang durch das riesige Xinjiang

Hier jetzt leider nur ein kurzer Bericht, da uns immer die Zeit zum Schreiben fehlt. Gegen Ende hin geht uns die Zeit aus für die vielen Dinge, die wir noch tun und sehen wollen. Wir sitzen jetzt im Bus kurz vor der Grenze nach Kasachstan und nutzen noch schnell das restliche Handyguthaben für die Internetverbindung aus. 

Wir haben eine lange Strecke hinter uns, erst nach Ürümqi, wo man sich auf einmal mitten im Orient befindet, alles auf arabisch geschrieben ist und die Leute so gar nicht mehr chinesisch aussehen und sprechen. Hier haben wir nicht viel gemacht außer einem Besuch auf dem Basar, wo wir das traditionelle Instrument der Uighuren, eine zweisaitige Art Gitarre ausprobieren dürften – wunderschön mit Funierarbeiten verziert.

Am nächsten Tag sind wir wieder ein Stück zurück gefahren nach Shanshan, wo wir die Sanddünen sehen wollten. Der ganze Besuch ist aber nur in einem Polizeiabenteuer geendet, nichts schlimmes, nur Befragungen was wir in Xinjiang machen usw. Da merkt man dann, dass man doch in einer brisanten Gegend ist. Polizei und Militär gibt es sowie so überall hier. 

Nach einer Nacht haben wir uns einen Fahrer genommen, der uns zu den Sanddünen, zu buddhistischen Grotten und nach Turfan gefahren hat. Sein kleiner Bruder hat uns zurück nach Ürümqi gefahren und von dort aus sind wir weiter nach Ili an der kasachischen Grenze. Jetzt geht’s gleich zur Passkontrolle. Wenn alles gut geht melden wir uns aus Kasachstan wieder!

Xiahe und Labrang-Kloster

Endlich nach einigen tollen Tagen kommen wir wieder zum schreiben. Gerade sitzen wir mal wieder in einem Schlafzug auf dem Weg von Lanzhou nach Ürümqi. Die Nacht haben wir schon hinter uns gebracht. Michi hat seinen Rausch ausgeschlafen, nachdem er von einem Chinesen mit Schnaps abgefüllt wurde. Er hat uns auch allerlei Abstrusitäten zu essen gegeben: Hühnerfüße, Entenkopf, Knorpel… Zum Glück war auch gutes Fleisch dabei, das Michi und ich essen konnten, Jana hat den Rest gegessen. Am besten fand sie die Knorpelfett-Scheiben… 

Nachdem Iuliia in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai in Lanzhou angekommen ist, haben wir uns am nächsten Tag gleich auf den Weg nach Xiahe (Provinz Gansu) gemacht, ein kleines Städtchen auf knapp 3000 Metern, wunderschön zwischen Grasland und Bergen gelegen und laut Reiseführer einer der letzten Orte in ganz China, wo man noch ein authentisches Tibet erleben kann. Xiahe gehört zwar zur Provinz Gansu, liegt aber im früheren Nordosttibet. Die Bevölkerung besteht zum größten Teil aus Tibetern und Moslems – was ein ganz anderes Bild von „China“ ergibt als an den bisherigen Orten – mit Iuliias Worten gesagt: „This is totally not China!“

Die Busfahrt dorthin war auch schon toll. Den eigentlichen Bus konnten wir nicht nehmen, da keine Plätze mehr frei waren. Wir sind dann mit einem anderen gefahren, hätten umsteigen müssen. Wie es aber das Glück – oder der Busfahrer – so wollte, wartete dann schon ein Auto auf uns, das uns noch die letzte halbe Stunde nach Xiahe brachte. Auf der ganzen Fahrt waren überall Moscheen in echt toller Landschaft zu sehen. Umso bergiger es wurde, umso mehr gab es statt der Moscheen buddhistische Tempel und Klöster.

Untergekommen sind wir in einem Hostel – das schönste bisher, ganz in tibetischem Stil alles mit Holz verkleidet. Die Betten waren erhöhte Podeste mit Teppichen drauf. Alles bunt verzier, alles sauber – mal wieder ein Ort, an dem wir uns wohl fühlen konnten. Als die Kinder im Bett waren, saßen wir noch um den schönen Ofen. Auf einmal kamen ganz viele Tibeter rein, der Raum war rappelvoll, eine Frau mit einem riesigen Bündel Katas kam herein. Wie sich herausstellte, handelte es sich um die Besitzerin des Hostels, die gerade von Ihrer über zweimonatigen Pilgerreise nach Lhasa zurückkam. Das musste natürlich gefeiert werden, wobei die Frauen alle ganz brav an einem Tisch saßen und die Männer sich am anderen Tisch die Kante gaben. Wir wurden dann von ein paar chinesischen Mädchen, die auch im Hostel untergekommen sind, zu einem oder mehreren Bieren eingeladen, was aber recht komisch ausging. Die eine war etwas seltsam, wusste ständig alles besser, hatte ziemlich komische Ansichten, hat sich schließlich noch an Iuliia rangemacht und wollte einfach nicht akzeptieren, dass die keinen Onenightstand mit ihr haben wollte. Glücklicherweise sind die am nächsten Tag frühs, noch bevor wir aufgestanden sind, abgefahren.

Die Hostel-Besitzer waren total liebe Leute. Sie hat uns ganz viel von ihrer Reise erzählt. Unter anderem führte ihr Weg durch ein Gebiet, wo es noch die Bön-Religion gibt. Laut einer Legende gab es vor langer langer Zeit einen Shijiamuni-Buddha in Xining (Provinz Qinghai), der nach Lhasa gepilgert ist. Er kam auch durch diese Region durch. Die Anhänger der Bön-Religion waren aber ganz böse Leute, die den Buddha vergiften wollten. Der wusste aber Techniken, wie er das Gift wieder durch seine Fingern aus seinem Körper herauslegten konnte. Also starb er nicht, sondern konnte weiter nach Lhasa, von wo aus er die Schrift und Kultur der Tibeter nach Qinghai und Gansu brachte. Seitdem traut kein Tibeter mehr den Menschen aus dieser Gegend. Wenn Sie eine Pilgerreise nach Lhasa machen, dann müssen sie sich vor dieser Strecke mit genügend Proviant eindecken, dass Sie durchhalten, bis sie dieses Gebiet hinter sich haben. Dann erst dürfen sie wieder Essen und Trinken von anderen annehmen. Von dieser Gegend hat sie auch noch andere Schauergeschichten erzählt, unter anderem dass zwei Personen anscheinend eine Abkürzung über einen Berg genommen haben, statt außen herum zu gehen. Sie sind von einem Tier bis auf Haare und Kleidung komplett verspeist worden – angeblich war es ein Bär. 

Von Tibet, d.h. Lhasa, Shigatse etc. selbst war sie nicht so begeistert. Sie meinte dort leben fast nur noch schlechte Menschen, da die ganzen Lamas, Mönche und guten Menschen nach Nepal und Indien geflohen sind. Die fehlenden Lamas und Mönche können auch keinen positiven Einfluss mehr nehmen. Selbst sie als Tibeterin ist mehrmals übers Ohr gehauen worden. Außerdem gibt es inzwischen ganze Gebiete, die nur noch für Touristen und Han-Chinesen offen sind, Tibeter selbst dürfen gar nicht hin. Insgesamt klang sie doch eher enttäuscht und meinte dann auch, dass sie von der Reise gelernt hat, dass es bei ihr zu Hause in Xiahe am schönsten ist. Sie meinte hier gebe es keine schlechten Menschen, die einen betrügen, bestehlen oder anderweitig schlechtes wollen. Den Eindruck können wir echt bestätigen. Die Menschen waren so nett alle, des Öfteren wurde uns die Zunge rausgestreckt und wo wir auch hinkamen haben Jana und Leo was geschenkt bekommen. 

Wir sind natürlich auch nicht nur im Hostel gesessen und haben uns unterhalten. Am ersten Tag wollten wir erst mal unser Bedürfnis nach Natur stillen und sind einen Hügel hochgestiegen durch schönen Nadelwald, wo wir sage und schreibe sogar zwei wilde Hasen gesehen haben! Die Kinder konnten nach einigen Höhenmetern leider nicht weiter, also bin ich mit ihnen umgekehrt und Michi und Iuiia sind noch bis auf 3500 Meter hoch. Der Weg führte uns am Labrang-Kloster entlang, wo Jana eine neue Leidenschaft entdeck hat: das Gebetsmühlen drehen. Sie hat sich immer beschwert, wenn andere vor ihr die Mühlen mit so viel Schwung angedreht haben, dass es für sie zu schnell ging. Am meisten Spaß hat es natürlich gemacht, die riesigen Gebetsmühlen in den Häuschen anzudrehen, dass alle mitrennen mussten. Für Leo war es zu schnell, der ist dann immer weggeflogen. Schwierig war auch, es Jana verständlich zu machen, dass die Mühlen nur in eine Richtung gedreht werden dürfen. Überhaupt kamen von ihr sehr viele Fragen zum Thema Kloster, Beten, Mönche, Gott und Götter. Da kommt man beim erklären manchmal ganz schön ins schwitzen. Warum Knien sich die Tibeter beim Beten hin, rutschen dann vor bis sie auf dem Bauch liegen, stehen wieder auf und wiederholen das unzählige Male? (Jana: Boah, der ist aber dreckig!) Was sind Gebetsfahnen? Warum beten die Mönche immer? Jana hat mich dann einmal gefragt, wo die Sterne herkommen. Ich meinte, sie solle lieber Michi fragen, der wüsste das besser. Daraufhin meinte sie, sie könne die Frage ja auch auf eie Fahne schreiben und der Wind würde sie dann zu Gott tragen. Gott könne uns dann wieder die Antwort schicken.

   

  

 

Einen Tag haben wir im Grasland verbracht, wo wir das unglaubliche Glück hatten, einen Pinkes Geldbeutel zu finden. Als wir gerade dabei waren, den Eigentümer ausfindig zu machen, kam schon eine Tibeterin angeritten. Es war ihrer und sie hat uns dann zu sich eingeladen. Jana und Leo dürften auf ihrem Pferd reiten, Zuhause bei ihr gab es Tsampa und Milchtee, Familienfotos wurden ausgetauscht und Jana und Leo dürften ihr noch helfen, ein Schaf von der Weide zu holen, das sich das Bein gebrochen hatte.

     

 

Am letzten Tag haben Jana und ich uns tibetisch eingekleidet. Wir haben das Kloster angeschaut, den Mönchen beim debattieren und beten zugeschaut und das Kloster inklusive Drehen aller Gebetsmühlen umrundet. Am nächsten Morgen ging es dann zurück nach Lanzhou, von wo aus wir dann in diesen Zug gestiegen sind. Wir waren alle sehr traurig, diese schöne Gegend wieder verlassen zu müssen. 

40 Stunden nach Lanzhou

Ja, nach 40 Stunden erlebnisreicher Zugfahrt, deren Einzelheiten wir euch hier ersparen – naja, vielleicht auch nicht, man sagt ja „geteiltes Leid ist halbes Leid“, oder? – sind wir im Mittelalter angekommen, in der Loessmetropole Lanzhou. Michi singt „Oh du staubigehe…“ Er hat sich gerade geduscht und genießt seine Sauberkeit, bevor er sich ins staubige Bett im staubigen Zimmer im staubigen Hostel hinlegt. Tagsüber werden hier die Straßen gegossen, um den Staub etwas in den Griff zu bekommen. Aber naja, erstmal zum Anfang bzw. letzten Tag in Kunming.

Heather hat an unserem letzten Tag wieder einen Couchsurfer bei sich aufgenommen, Jake, der in Beijing im Health Management gearbeitet hat und jetzt nach Nepal will. Mit ihm und Heather sind wir noch Mittagessen und anschließend in die Altstadt von Kunming gegangen, wo es echt toll war, wie auf einem Jahrmarkt. Es war immer noch Urlaub für die Chinesen und dementsprechend was los: traditionelle Tänze und Gesang aus Kunming, chinesische Oper, wie beim Karneval hat eine Prinzessin auf einer Stange Süßigkeiten und Geschenkchen geworfen und alle Kinder, die nichts abbekommen haben, haben geheult. Michi und Jake haben glücklicherweise je einen Lolli gefangen. Jana hat trotzdem geweint, weil sie keinen Lolli wollte, sondern ein kleines blaues Bärchen. Tja, das Leben ist manchmal echt fies…

 

  

  

    

Leider hatten wir nur sehr wenig Zeit, weil wir den Zug um sieben Uhr abends erwischen mussten. Heather und Jake sind noch geblieben, also haben wir uns schweren Herzens von unserer lieben Gastgeberin verabschiedet. Sie meinte immer: „Jana is the strongest Girl and Leo the cutest thing I’ve ever seen.“ Wir haben unser Gepäck noch bei ihr abgeholt und uns auch noch von ihrer Handyspiel-Süchtigen Schwester verabschiedet und haben mit ach und Krach noch unseren Zug erwischt.

Unser Abteil haben wir zunächst mit einem, wie es schien, frisch verliebten Pärchen geteilt, die zwar sehr hilfsbereit und nett waren, allerdings geht mir dieses ständige Fotografiere so auf den Keks. Die Hälfte aller Chinesen ist unserer Meinung nach „Selfy-süchtig“. Für alle die, die das noch nicht kennen: ein Selfy ist, ein Foto von sich selbst, zumeist mit dem neuesten und tollsten Smartphone gemacht, das gerade zu haben ist. Anschließend werden diese Selfies dann auf irgendwelchen Seiten gepostet. Solange die Chinesen das nur mit sich selbst machen, sollen sie nur, aber das ständige Gepose mit unseren Kindern nervt doch schon ganz schön. Da kommen dann manchmal richtig ungute Gefühle hoch. Meistens sagen Jana und Leo zum Glück aber sowieso, dass sie nicht wollen. Nach der Hälfte der Strecke sind die zwei dann ausgestiegen und es kamen neue, mit denen das Fotografieren dann weiterging…

Die nächste Herausforderung bei so einer Zugfahrt ist der Klogang. Ein Wagon hat immer ein Stehklo und ein Sitzklo. Das Sitzklo kann man nur im Notfall verwenden, da es immer so schnell verdreckt ist. Eine Person im Zug hatte scheinbar so einen Notfall, auf jeden Fall standen alle Schaffner davor und haben sich kaputtgelacht. Michi wollte das Maleur sogar fotografieren, bei dem alles außer das Klo selbst was abgekriegt hat, leider – oder eher glücklicherweise war unsere Schaffnerin so eine fleißige, dass sie gleich wieder alles sauber gemacht hat.

Im großen und Ganzen haben wir die Fahrt aber doch gut überstanden. Lanzhou ist wie gesagt staubig, aber mit sehr freundlichen und nicht zu aufdringlichen Leuten. Die Stadt liegt in einem engen Tal am Gelben Fluss in einem riesigen Loessgebiet. Daher hat der Gelbe Fluss auch seinen Namen und deswegen ist hier auch alles so staubig. Heute sind wir auf einen Berg gestiegen mit einem alten Buddhistischen Kloster. Auf dem Weg hoch haben wir zwei junge Köche aus Ürümqi kennengelernt, die uns nach dem gemeinsamen Abstieg noch zum Abendessen eingeladen haben. Es gab Schweineohren, Krabben, Tofu, Wasabisalat, irgendwas undefinierbares mit Erdnüssen, Rindfleisch mit Paprika und Suppe. Die Köche waren nicht so begeistert vom Essen, uns hat’s aber geschmeckt – sogar die Schweineohren könnte man essen. Jana probiert inzwischen alles, erst recht wenn es sich um so Abstrusitäten wie Schweineohren handelt. Ihr haben sie auch geschmeckt, waren nur leider etwas zu scharf für sie.

Back to Kunming

So, jetzt sind wir wieder zurück in Kunming nach einer siebenstündigen nächtlichen Zugfahrt, bei der wir alle viel zu wenig geschlafen haben. Wir haben unsere Pässe mit dem verlängerten Visa wieder und die Zugtickets nach Lanzhou abgeholt. 

Wir sind wieder bei Heather, für die wir heute auch Pfannkuchen gemacht haben. Dank Carrefour gibt es sogar echte Himbeermarmelade dazu. Die Schulkinder finden’es total lecker.

Morgen machen wir einen Ausflug hier. Dann wieder mehr. Liebe Grüße!!!

   

 

Kunming und Dali

Zunächst eine beruhigende Nachricht: Wir befinden uns zwar aktuell am Ostrand des Himalayas, haben von dem schlimmen Erdbeben aber nichts mitbekommen. Wir verfolgen auch hier die Nachrichten und sind sehr schockiert, kennen wir doch beide auch viele der zerstörten Orte. Umso glücklicher können wir uns schätzen, dass es uns allen gut geht. Und wir hoffen natürlich euch allen daheim auch!

Die letzten Tage waren bei uns mal wieder sehr aufregend. Nachdem wir in Kunming angekommen waren – nach 21 Stunden Zugfahrt – haben wir uns erst mal schleunigst um eine VISA-Verlängerung bemüht. Uns wären nur noch zwei Wochen geblieben, bis wir am 7. Mai hätten ausreisen müssen. Da wir uns aber immer noch ganz im Südwesten Chinas befinden, wäre das in einen ganz schönen Stress ausgeartet, da man allein an Fahrtzeit schon etwa eine Woche einplanen muss. Und ein bisschen was vom Norden Chinas wollen wir schon auch mitnehmen!

  

Was das VISA angeht, hatten wir mal wieder echtes Glück. Wir haben ja, da wir unseren „Familienangehörigen“ Andi (Bruder von Jörg) besuchen, ein S2 Visa bekommen, mit dem zwar machen kann, was man will, das man aber leider nicht verlängern kann – es sei denn, man hat einen drifteten Grund, wie der Tod eines Angehörigen, eine Verletzung – Haha, zum Glück hat Leo sein blaues Auge! Ich habe Ihnen gleich eine Geschichte aufgetischt, dass wir ins Krankenhaus mussten und nicht weiterreisen könnten usw. Haben sie uns prompt abgekauft und wir haben zehn Tage draufbekommen. Glück gehabt! Achja, für den Visa-Antrag bräuchten wir auch noch Passfotos. Hier ein Bilderrätsel für euch: Wer hat ein Fotografentrauma? Wer sieht aus, als wäre er auf der Flucht? Wer sieht aus, als hätte er eins auf’s Auge bekommen? Welches Passfoto hat für den Antrag nicht gepasst? (Auflösung im nächsten Bericht)

 

  

Die zweite Nacht in Kunming haben wir dann bei einer Privatlehrerin namens Heather übers Couchsurfen verbracht. Das war auch eine Erfahrung für sich. Heather ist 22 Jahre jung und hat eine Wohnung mit fünf Zimmern. Eins ist ihres, eines (quasi der Eingangsraum, von dem alle Zimmer Weg gehen) ist Klassenzimmer, noch ein Klassen- bzw. Spielzimmer, ein Zimmer mit drei Stockbetten für Couchsurfer und ein Zimmer für ihre Schwester (auch mit Stockbetten), die als Putzfrau und Köchin der Privatschule dient. Vormittags gehen die Kinder in die normale Schule. Um drei, nach dem für die gesamte Bevölkerung obligatorischen Mittagsschlaf, kommen die Kinder dann zu Heather, wo sie Hausaufgaben machen, Nachhilfe bekommen und spielen dürfen. Die Kinder essen dort auch zu Abend und werden dann um 21 Uhr von ihren Eltern erst wieder abgeholt. Samstags kommen die Kinder schon ab frühs und haben Englischunterricht. 

  

Jana war natürlich total begeistert von den „großen Schulkindern“. Die größte hat sie sich gleich als Freundin auserkoren. Leos Liebling war Nana. Wir sind dann auch mit den Kindern zusammen auf den Spielplatz gegangen, alle waren ganz verblüfft, wie stark Jana ist, weil sie schon Hangeln kann, im Gegensatz zu den meisten anderen. 

Die Nacht erwies sich als ziemliche Herausforderung für unsere Knochen, bestanden die Betten doch aus einfachen Holzplanken mit dünnen Auflagen drauf. Die Kinder hat es nicht gestört, Michi und mir hat jede Bewegung wehgetan…

 

Am nächsten Morgen wollte Heather unbedingt noch Sushi für uns machen, bevor wir nach Dali aufgebrochen sind. Also habe ich mal eben schnell ihren Englischunterricht übernommen und sie ist einkaufen gegangen. Da unser Bus aber schon so bald ging, hat‘ s nur noch für eine kleine Portion gereicht und Heather hat versprochen, dass sie nochmal Sushi macht, wenn wir wieder kommen. Trotz der harten Betten, eine sehr liebe und hilfsbereite Person! 

Mittags haben wir uns also auf eine vierstündige Busfahrt nach Dali begeben. Dali liegt am Westufer des Erhai, ein vierzig Kilometer langer See mit dem Namen Ohr-Meer, weil er die Form eines Ohres hat. Gleich hinter Dali, das schon auf fast 2000 Meter liegt, fangen die Cang-Berge an, die Ostausläufer des Himalayas, die auf über 4000 Meter hochgehen. Sehr tolle grüne Berge, über die ständig Wolken schwappen, die sich dann über dem See wieder auflösen. Die Stadt Dali war früher das Hippiezentrum in China und hat davon auch noch seinen Flair behalten. Hier leben hauptsächlich Bai, deren Frauen in wunderschönen Blautönen gekleidet sind, und Miao, die ganz bunt bestickte Kleidung und tollen Kopfschmuck tragen. Die Reiseführerinnen sind alle als solche verkleidet, aber unter den Marktfrauen sieht man auch „Echte“. Die Architektur hier ist auch sehr toll, jedes Haus reichlich verziert mit Gemälden und Kalligraphien. Die Leute hier haben auch gemerkt, dass es bei den Touristen besser ankommt, wenn sie neue Häuser im alten Stil bauen, und so entstehen hier lauter Prachtbauten. 

Die Gegend hier haben wir mit einem Elektroroller erkundet, was zwar wirklich Spaß macht, nach Stundenlangem Fahren zu viert auf so einem kleinen Gefährt tut der Hintern aber so saumäßig weh und in den Beinen kriegt man Krämpfe… Aber egal, Spaß gemacht hat es trotzdem und man kommt mal selbst ein bisschen rum und kann da abbiegen, wo man grade will. Leo hat es auch geschafft, auf dem Roller einzuschlafen! 

  

Heute sind wir nach einer steilen Bergauffahrt in einem „Ecological Valley“ gelandet. Dort gab es Teeplantagen, ein sehr schönes Hotel und nach einem kurzen Wanderweg sogar einen kleinen Wasserfall. Michi und die Kinder haben in dem kalten Bergbach sogar gebadet. Das war zwar nicht so ganz richtig wilde Natur – das ist in China echt schwer zu finden – aber immerhin ein Hauch davon.

Morgen ist unser letzter Tag in Dali, dann geht es mit dem Nachtzug wieder zurück nach Kunming, wo wir unsere Pässe mit dem neuen Visa wieder abholen müssen. Am 2. Mai geht’s dann weiter Richtung Norden nach Lanzhou, eine 40-Stunden-Zugfahrt. Dort treffen wir dann Iuliia aus der Ukraine, mit der ich damals in Ningbo studiert habe und die auch gerade in China ist.